Den folgenden Blogeintrag hätte ich auch wie folgt nennen können: "3 Tage Arbeit, 20 helfende Hände, 50 Mückenstiche und 75Watt später" oder "Ein kleiner Schritt für einen Menschen - ein großer...ähh kleiner Schritt für das Waisenhaus" oder "Und es dreht sich doch!" oder "Warum sind meine Füße so nass?"...ach mir würde da sicher noch mehr einfallen-nun aber zu dem was in den letzten Tagen passierte:
Tag 0 - Vorüberlegung
Bei einer Diskussion über die Zukunft meines Projektes machte Johannes den Vorschlag, dass man, also Andrea und ich, zunächst erstmal eine kleinere Wasserturbine installieren könnte, um Erfahrung in Sachen Materialbeschaffung, Aufbau, Installation, Zusammenarbeit und co sammeln kann. Gesagt - getan. Turbine und Generator sind vorhanden: "Powerpal MHG-200LH". Für die Interessierten unter euch: http://www.powerpal.com/ Diese Art von Turbine benötigt eine Fallhöhe von 1,5m und einen Durchfluss von 35 l/s und erzeugt dadurch eine Leistung von maximal 200 Watt. Johannes hatte in Deutschland 3 Stück davon gekauft, eine wurde der Uni Regensburg zu Forschungszwecken überreicht und eine Powerpal ist nun in Kamerun. Nur mal so nebenbei: die Regensburger haben ein Semester für den Aufbau des Teststandes gebraucht. So grübelten wir dann noch am Abendbrottisch wie wir diese Anlage aufbauen können, was wir beachten müssen, welche Materialien wir nutzen und so weiter.
Tag 1 - Standortbegehung & Materialbesorgung
8:30 Uhr - per Taxi ging es mal wieder zum Waisenhaus - lasset die Suche nach einer geeigneten Stelle beginnen. Ein kleiner Wasserfall - lokalisiert am selbigen Bache, wo ich später die größere Wasserkraftanlage installieren möchte - wurde als Standort ausgewählt. Problem: wir benötigen ungefähr eine Höhe von 1,5m und aus Transportgründen wäre es gut zu wissen wie lang der Kanal sein muss. Mhh wie misst man das ohne nass zu werden? Gar nicht - richtig! Also hieß es für mich ab ins Wasser, Messlatte in die auserwählte Stelle stechen und Höhe und Länge vermessen. Mit den Messergebnissen und nassen Füßen ging es zurück in die Stadt.
Ankunft im größten Baumarkt Buea's: Leider finde ich gerade keinen adäquaten Größenvergleich - kurz um: das Sortiment beschränkt sich auf vielleicht 100 verschiedene Teile. Wir brauchen ein Rohr von 1,5m Länge und einem Durchmesser von 13cm - es gibt nur 4m lange Rohr und der Durchmesser ist auch zu klein (12,5cm) - kann man das unter Einfluss von Hitze weiten? - naja versuchen wir das dann einfach mal. Dann noch eine dünne Aluminiumplatte gekauft und auf zur Werkstatt. Aber wie transportiert man ein 4m langes Rohr? Natürlich per Taxi - einfach auf das Dach gelegt, Arm raus und halten, egal ob der Fahrer mit 50 Sachen den Berg hinauf fährt.
Ankunft Werkstatt: Das Rohr wird erstmal auf die passende Länge gekürzt und mit bisschen Holz und Benzin ein Feuer erzeugt und das Rohr am Einlauf erhitzt. Nach einigem hin und her hat es schlussendlich geklappt - Turbine und Rohr bilden eine abgeschlossene und abgedichtete Einheit.
Was nun noch fehlt ist Holz - auf zur nah gelegenen Sägerei. Gar nicht mal so einfach in diesem Stapel das passende Holz zu finden, wenn man genau eine Breite von 32,5cm benötigt und die meisten nur 30cm breit sind. Nach erneutem hin und her haben wir die passenden Blanken gefunden. Diese mussten nun nur noch geschliffen werden und eine gerade Kante wäre vielleicht auch nicht schlecht. Aufgrund fortgeschrittener Stunde wurde die Abholung des Holzes auf den nächsten Tag verschoben.
Tag 2 - Kanalbau
8:30 Uhr - Ankunft Werkstatt. Team 1 holt das Holz ab und Team 2 bereitet die nächsten Schritte vor. Die nächsten Stunden bestanden aus Sägen, Hämmern, Feilen, Grübeln, bei Sonnenschein schwitzen und so weiter. Blöd wenn man dann am Nachmittag merkt das man im Eifer des Gefächtes einen gravierenden Fehler machte. Okay erstmal eine Pause machen und überlegen wie man den Fehler ausbügeln kann. Nachdem wir uns dann mit Bohnen, Reis und einer Ananas-Limonade gestärkt hatten ging es wieder an die Arbeit. Nach einem kurzem Umbau war der Kanal fast fertig und wir konnten den Fehler ohne bleibende Falten ausbügeln. Das Besondere an dem Kanal ist, das am Ende ein Strudel erzeugt werden muss, damit die Turbine funktioniert. In der Betriebsanleitung war eine Skizze beigefügt, welche mir als Vorlage für eine 1:1 Schablone der Strudel-Konstruktion diente. Das zuvor erworbene Aluminiumblech wurde auf die richtige Größe zugeschnitten, eingesetzt, montiert und abgedichtet. Schlussendlich war der Kanal fertig, die Konstruktion machte einen soliden Eindruck, Turbine und Abflussrohr passen zusammen und der Einlauf, welcher den Strudel erzeugt hat auch auf Anhieb funktioniert.
Tag 3 - Installation
8:30 Uhr - Ankunft Werkstatt. Alle benötigten Teile werden in den Pickup geladen: Kanal (3,5m lang, ca. 60kg), Rohr, Turbine inkl. Generator (1,2m lang, ca. 13kg), weiteres Holz für die Aufständerung, Werkzeuge etc. Abfahrt!
9:30 Uhr - Ankunft HOTPEC/Waisenhaus. Es ist erstaunlich leer hier, wo sind die ganzen Kinder? Achja heute ist ja muslimischer Feiertag , nur gut das die deutliche Mehrzahl der Kameruner Christen sind (sonst ist das Gelände wesentlich belebter da zum Waisenhaus noch eine Schule gehört). Doch 2 Minuten nach unserer Ankunft sind wir umringt von ca. 10 Kindern im Alter von 6-16 Jahren und jeder schnappt sich etwas aus dem Pickup und gemeinsam tragen wir es zum Bach. Der Aufbau kann also beginnen. Erneut führt kein Weg daran vorbei ins Wasser zu springen. Bestückt mit Säge, Hammer und Nägel baue ich also die Unterkonstruktion für den Kanal, da wir dies erst vor Ort an die Begebenheiten anpassen konnten. Gemeinsam wuchten wir dann den Kanal in den Bach, alle Kinder helfen mit - von groß bis klein - das war wirklich ziemlich beeindruckend, wobei man dann als "deutscher Ingenieur" schon immer genaue Arbeitsanweisung geben musste. Während ich mich weiter um die Sicherung des Kanals kümmerte wurde derweil ein kleiner Damm aus Steinen und Sandsäcken gebildet, sodass das Wasser zum Kanal geleitet wurde. Nun nur noch das Rohr und die Turbine einsetzen - bereit zum ersten Testlauf. Wir öffneten den Zufluss zum Kanal und...nichts passierte! Das Wasser floß durch den Kanal, zur Turbine, bildete einen wunderschönen Strudel und floß das Rohr hinunter - doch die Turbine drehte sich nicht. Allgemeine Verwirrung. Stimmt die Höhe nicht? Reicht der Durchfluss nicht? Funktioniert die Turbine überhaupt? Irgendetwas nicht richtig angeschlossen? Wir konnten einfach nichts feststellen. Wir beschlossen das Experiment abzubrechen und in der Werkstatt die Turbine zu untersuchen. Johannes wollte auch schnell wieder nach Hause zu Kind Kegel - denn es gab Spaghetti Bolognese :)
12:00 Uhr Ankunft Wohnhaus. Erstmal Mittagessen, weiteren Plan und mögliche Lösungen überlegen und dann Mittagsschlaf machen - immerhin bin ich frühs schon um 6 Uhr aufgestanden und war mit Thompy eine Stunde joggen - bergauf, bergab.
15:30 Uhr Ankunft Werkstatt. Die Lagebesprechung bei Joseph führte zur Einsicht das die Turbine funktioniert und die Betriebsanleitung gab den wohlmöglich entscheidenden Hinweis...
16:30 Uhr Ankunft Hotpec. Mit der Turbine auf der Schulter geh ich voller Erwartung zum Bach, die Kinder entdecken uns wieder und folgen uns. Alle sind gespannt. Ich verbesser noch einmal die Konstruktion, worauf der Kanal aufliegt, kürze das Rohr und Andrea kümmert sich um den Anschluss der Elektrik und ein paar Jugendliche versuchen den Damm zu verbessern. Jetzt sollte alles passen. Die Spannung steigt. Ich steige auf den Kanal, setze die Turbine ein. Schließe die Kabel an. Öffne den Deckel zum Generator. Gebe das Signal zum öffnen des Kanals. Das Wasser strömt durch den Kanal, bildet einen Strudel. Der Generator steht still. Nichts passiert. Zuvor erwähnte ich, dass die Betriebsanleitung den wohl entscheidenden Hinweis gab/gibt - sinngemäß: "wenn alles richtig installiert ist und die Turbine sich dennoch nicht dreht muss der Generator manuell angdreht werden, um den Widerstand zu überwinden, welcher durch den Magnetismus erzeugt wird". Ich nehme also eine Zange, drehe den Generator an und...ES LÄUFT!!! Turbine und Generator drehen sich - ich blicke nach rechts und seh wie die 60Watt-Glühbirne im vollem Ganze erstrahlt. Wir jubeln und freuen uns wie kleine Kinder. Ein wahnsinnig gutes Gefühl durchströmt meinen Körper - nicht nur das Gefühl ein erstes kleines Projekt erfolgreich umgesetzt zu haben sondern auch die Gesichter der Kinder zu sehen, wie sie in die Hände klatschen und gebannt auf die Glühbirne schauen. Mittlerweile ist es schon spät geworden, es dämmert, wird dunkler, wir suchen noch eine Glühlampe mit einer höheren Wattzahl um die Last zu erhöhen - auch 75Watt schafft unsere erste selbst installierte Kleinstwasserkraftanlage. Doch sie flackert ein wenig - was heißt das da noch Luft für Verbesserung ist um die 200W Maximalleistung zu erreichen.
Mit diesem Erfolgserlebnis und der daraus resultierenden Motivation können nun weitere und größere Projekte angegangen werden! :)
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