Dienstag, 9. Oktober 2012

Pico Hydro Turbine - Part One


In Kamerun ticken die Uhren anders, dass muss man sich als deutscher Ingenieur, so werde ich hier stets vorgestellt, immer wieder vor Augen halten. 

Wie würde man wohl in Deutschland vorgehen, wenn man eine Wasserkraftanlage plant?!?
1. Standortwahl und Potentialanalyse: Durchführung von Messungen, mit modernsten Mitteln, zur nutzbaren Höhendifferenz und Durchflussmenge des Flusses, letztere sollte mindestens über ein Jahr gehen und weitere Datenerhebung zu Fischwanderungen und co, um das Potential der zukünftigen Anlage abschätzen zu können
2. Kraftwerksauslegung: angepasst an die genau gemessenen Werte (Höhe und niedrigste Jahresdurchflussmenge) werden die Größe von Zuleitung, Oberwassersbecken, Art und Größe von Rohrleitungen, Turbine, Generator, Netzanschluss und so weiter geplant und berechnet
3. Bau, Installation, Inbetriebnahme: eine Firma wird mit Bau, Installation und Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage beauftragt und bei jedem Prozess kontrolliert

Um den deutsch-kamerunischen Wissenstransfer zu ermöglichen versuche ich natürliche jene Planungsgrundlagen anzuwenden, doch die Uhren ticken anders: "Anpassung und Improvisation" heißt der kamerunisch-deutsche Wissenstransfer! So sieht also die Planung einer Wasserkraftanlage in Kamerun aus: 
1. Standortwahl und Potentialanalyse: Messungen mit modernsten Mitteln-Fehlanzeige. Vor Beginn der Regenzeit wurde mittels eines Thomson-Messwehres die Durchflussmenge gemessen, ganze 7 Tage, weil das Messwehr dann kaputt ging, aber mir wurde gesagt der Fluss/Bach trocknet nie aus und wenn zu wenig Wasser da ist dann leiten wir einfach einen anderen Nachbarbach um. Für die Höhenmessung war ich dann zuständig. Man benötige ein langes Seil, ein Winkelmesser, eine Wasserwaage, ein Zollstock, zwei Stangen, zwei Helfer, zwei Macheten und Kenntnisse zum rechtwinkligen Dreieck, Gegenkathete = Hypothenus*sin(α) sag ich da nur. Mit einer Toleranz von 10% ergibt sich so eine nutzbare Höhe von 15-20m. Zur Potentialberechnung sollte das erstmal reichen. Und Fische habe ich keine gesehn!
2. Kraftwerksauslegung: genau gemessene Werte-Fehlanzeige! Oberwasserbecken-vorhanden! Rohrauslegung-wird das genommen was zur Verfügung steht, was keine große Auswahl zulässt. Turbine-wird an die Begebenheiten angepasst! Generator (2kW)-mal schauen ob's einen in Douala zu kaufen gibt, sonst selber einen bauen! Netzanschluss und Batteriesystem-nocht nicht geklärt.
3. Bau, Installation, Inbetriebnahme: Die Europäer haben die Uhr, doch die Afrikaner die Zeit. Also das dauert noch ein wenig.
In der Mitte entspringt ein Fluss

Standortbegehung mit dem Pastor (Leiter des Waisenhauses)

Höhenvermessung 1

Höhenvermessung 2

Doch ohne eine funktionierende Werkstatt keine funktionierende Turbine. Die Werkstatt ist bald wieder betriebsbereit, was mich aber auch Zeit, Nerven und Kraft gekostet hat. Die nächsten Schritte sind geplant, es geht also langsam allmählich vorwärts!

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